Was müssen Journalisten heute können? Das fragte Timo Stoppacher vor gut einer Woche. Einfach zu beantworten ist das nicht, den unser Berufsbild ist weit gefasst. Ich habe mich trotzdem an ein paar Punkten versucht.
Vergiss die Allgemeinbildung
Von Journalisten wird eine gute Allgemeinbildung erwartet, viele Journalisten bilden sich auch ein, sie hätten selbige. Das ist falsch. Denn niemand kann wirklich sagen, was Allgemeinbildung überhaupt sein soll. Muss ich Goethe gelesen haben, fit in Geschichte sein, wissen wie man programmiert oder ein bestimmtes Niveau in Mathematik vorweisen können? Alles und nichts davon ist richtig, je nachdem, wenn man fragt.
Unser Berufsbild ist davon geprägt, dass wir alles ein wenig können sollen und uns dann für jede Geschichte schon irgendwie in das jeweilige Thema einarbeiten. Das hat früher auch halbwegs gut funktioniert, da Journalisten noch Zeit hatten.
Die aber wird immer knapper und wer in hohem Tempo immer mehr Inhalte produzieren soll, kann das nur leisten, wenn er im jeweiligen Thema auch sattelfest ist. Gute Inhalte werden spätestens dann relevant, wenn klassische Schlagwort-Suchmaschinenoptimierung nicht mehr funktioniert. Und wir sind auf dem Besten weg dahin. Diese Inhalte liefert, zumindest unter Zeitdruck, nur der Spezialist.
Kritikfähigkeit wird wichtiger
Journalismus funktioniert nicht mehr eindimensional. Einen Artikel schreiben, Drucken und dann den nächsten angehen, dieses Modell stirbt aus. Leserbriefe, so den welche kamen, konnte man noch einfach ignorieren. Facebook-Kommentare, Tweets und Blogs schaffen aber eine ganz andere Öffentlichkeit für den Leser. Und das ist auch gut so, den Leser sind nicht doof. Wer Kritik und Hinweise annimmt, schafft mindestens Kundenbindung, bestenfalls finden sich so auch Informanten und Experten für weitere Geschichten. (Beispiel: Redutube bei heise.de)
Transparentes Arbeiten
Eigentlich ist es peinlich das überhaupt noch schreiben zu müssen, aber wenn nicht gerade aus guten Gründen einen Informanten Schutz braucht, gehören Quellen offengelegt und verlinkt. Sätze wie „Ein Papier, das dem Spiegel vorliegt“ sind in 90 % aller Fälle überflüssig. Warum sollen die Leser nicht bei Interesse die Studie oder den Gesetzentwurf über den wir berichten selber lesen dürfen?
Teamarbeit
Geschichten werden immer öfter auf mehreren Kanälen zum Konsumenten gebracht. Ob als Text in Print & Online, als Sound (Radio & Podcast) oder als Video (Fernsehen und Web-Clip). Die Lehre, die mancher daraus zieht, ist, man sollte alle diese Inhalte auch selber produzieren können. Das ist Unsinn. Wer alle Technologien beherrscht und bespielt, hat am Ende keine Zeit mehr für die eigentliche Recherche. Auch hat niemand auf allen Kanälen auch das nötige Talent.
Das Team schafft hier Abhilfe, der Videomann wird immer bessere Videos machen als der Schreiberling, der sich irgendwas angelesen hat. Und die schöne Onlinegrafik programmiert sich nicht auch noch mal so nebenbei. Ausgenommen sind hier sicher die sozialen Medien, der Umgang auf halbwegs adäquatem Niveau ist sehr leicht zu lernen. Eine glaubhafte Ausrede sich nicht damit zu befassen, gibt es nicht.
Volle Zustimmung zur Überschrift. Die Zwischen-Titel würde ich anders fassen: 1. Allgemeinbildung allein reicht nicht. 2. Kritikunfähigkeit war noch nie gut. 3.Je stärker die Meinung, desto besser müssen die Belege sein 4. Einzelkämpfertum führt meist zur Niederlage.
Im Grunde sind die aktuellen Anforderungen doch nicht so neu.
Will sagen: Alles bleibt sich anders. Journalismus bedeutet nach wie vor einen schwer zu fassenden, aber unverzichtbaren Wert. Digitale Technik sollte ein Instrument gesellschaftlicher Kommunikation sein. Und digitale Ökonomie ein System, dass die wirtschaftliche Basis dafür schafft. Ist aber nur so eine Ahnung …
Ja da hast Du wohl recht. Wirklich neu ist das nicht. Aber die Gewichtungen verschieben sich, das ist wohl das Wesentliche.
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